Pfeffer ist vermutlich das wichtigste Gewürz Afrikas. Kaum ein anderes ist so bedeutend für die Identität und das Lebensgefühl dieses Kontinents. Dabei gibt es gar nicht den einen Pfeffer und das eine Lebensgefühl, denn in Afrika sind Tausende von Pfefferarten zu Hause. Kultiviert und wild. Jede Region hat ihre besondere Sorte, ihre besondere Note und ihr ureigenes Pfeffer-Gericht. Wenn Sie Pfeffer hören, denkt gar nicht erst an solchen, wie man ihn hierzulande gemahlen und abgestanden vom Wirtshaustisch kennt. Wir meinen einen Pfeffer, der frisch zermörsert und verarbeitet mit seinem Aroma eine komplette Geschichte über eine besondere Region erzählen vermag.
So einer ist der spektakuläre Voatsiperifery. Dass er besonderen Mut erfordert, kann man ohne Übertreibung sagen. Denn der Bourbon-Pfeffer, wie er auch noch genannt wird, wächst in schwindelnder Höhe. Bis zu 20 Meter hoch werden die Pfefferpflanzen, die sich als Lianen um die hohen Urwaldbäume winden, die ihnen den nötigen Halt geben.
Dieser sehr seltene Pfeffer wird nicht kultiviert, sondern ausschließlich wild im tropischen Urwald an der Ostküste von Madagaskar geerntet. Deshalb ist der Ertrag pro Jahr sehr gering: Gerade mal 1,5 – 2 Tonnen pro Jahr. Dabei müssen die Kleinbauern echt gefährliche Kletteraktionen unternehmen, um der kleinen Körnchen habhaft zu werden. Und schnell gehen muss es auch noch: Der Zeitraum, in dem die begehrten Früchte geerntet werden, ist ziemlich knapp – kurz bevor sie sich rot färben, ist der beste Termin. Eine weitere Herausforderung: Die allermeisten Blüten wachsen ganz oben auf der Pflanze - dort, wo sie das meiste Licht bekommen und wo der Pflücker ganz besonders furchtlos sein muss.
Doch dieser mutige Aufwand lohnt sich. Denn der Geschmack ist wirklich unvergleichlich: Der Voatsiperifery-Pfeffer hat eine leicht holzige Note und eine angenehm vornehme, warme Schärfe, die für viele Überraschungen gut ist. Und wer genau hinschmeckt, kann auch etwas Fruchtig-Zitroniges entdecken. Was hervorragend zu einem typisch afrikanischen Schmorgericht mit viel Fleisch passt. Oder – in unseren Breiten - zu Lamm, dunklem Geflügel und dunklen Soßen. Allerdings, und wir müssen an dieser Stelle eine deutliche Warnung aussprechen, weiß der Pfeffer seinen interessanten Charakter durchaus stark auszuspielen und ist deswegen besser vorsichtig zu dosieren. Das starke Aroma braucht ein Gericht, das an Stärke und Mut mithalten kann: Wild oder Fisch beispielsweise. Eingelegtes Gemüse oder exotische Currymischungen vertragen auch ein paar frisch zerstoßene Körner, wo dann das intensiv-pikante ätherische Öl voll zur Entfaltung kommt.
Übrigens, Voatsiperifery Urwaldpfeffer ist ein echter Pfeffer und gehört in die Familie der Pfeffergewächse (Piperaceae) - im Gegensatz zu anderen Pflanzenarten, die zwar aussehen wie Pfeffer, aber kein echter Pfeffer sind (wie zum Beispiel die Schinusbeere). Und das Wort „Bourbon“ in seinem Beinamen hat tatsächlich seine Berechtigung. Ebenso wie die teure Vanille, die ja auch in Madagaskar angebaut wird, ist der Bourbon-Pfeffer wegen seiner geringen Erntemenge und den schwierigen Erntebedingungen ein edles wie rares Gewürz.
Von Anja Janotta
Wenn man mit diesem Pfeffer einmal seine Speisen gewürzt hat, will man keinen anderen Pfeffer mehr
Ich war beruflich mehrere Mal auf Madagaskar und habe dort außer dem Pfeffer viele andere Gewürze von dort kennengelernt. Alle angenehm und eine Überraschung für die Geschmacksnerven. Möchte sie nie mehr missen.