Zugegeben, der Sommer ist nicht unbedingt die Hochsaison für Lesegenuss. Nicht umsonst macht der Buchhandel einen Großteil seines Jahresumsatzes zu Weihnachten. Wir wollen trotzdem einen Kontrapunkt setzen und uns in diesem Newsletter einmal ausschließlich um Kochbücher kümmern. Kochbücher, die uns besonders beeindruckt haben. Denn einige von ihnen schaffen es, auch Geschmacksprofis immer wieder auf ganz spezielle Aromen oder Zutaten hinzuweisen. Es erschließen sich im wahrsten Wortsinn bisher fremde Welten.
Und nicht zuletzt eröffnen Bücher zu Landesküchen den im Sommer Daheimgebliebenen eine Reise in Länder, die es vielleicht noch zu entdecken gilt. Wir hoffen jedenfalls, dass wir eure Leselust wecken können – auch und gerade in der heißen Jahreszeit.
Starten wir mit einem Ausflug in eine Küche, die wir vermeintlich gut kennen: Die Balkanküche Buch Ibrik - Balkanküche von Bukarest bis Istanbul. Der eine oder andere erinnert sich vielleicht noch etwas gelangweilt an den Djuvec-Reis beim Jugoslawen. Oder an die immer gleichen griechischen Grillplatten. Mit dem Buch „Ibrik“ lernen wir eine ganz andere Küche des Balkans kennen; eine kreative, abwechslungsreiche Frischeküche, die immer wieder mit Rezepten überrascht, die wir dort gar nicht vermutet hätten. Die Neuentdeckung eines alten Bekannten lohnt sich jedenfalls und führt euch vom Kaffee aus der traditionellen Ibrik-Kanne über fermentierte scharfe Rote Beeten bis zu marinierten Sardinen.
Reisen wir noch ein Stückchen weiter gen Osten, nach Afghanistan. Ein Land, mit dem wir fast ausschließlich Negatives verbinden: Krieg, Taliban, Erdbeben, Terrorismus. Das Land am Hindukusch lässt kaum ein Schlagwort aus, wenn es um die Schrecken der Welt geht. Da ist es für uns an der Zeit, einmal etwas Positives ins Scheinwerferlicht zu stellen. Und die afghanische Küche gehört sicherlich dazu. Als wir ins afghanische Kochbuch „Salam“ schauten, waren wir jedenfalls begeistert von der Vielfalt der Zutaten und Gerichte, die dieses Land hervorgebracht hat. Und als wir das eine oder andere Rezept einmal ausprobiert hatten, waren wir noch beeindruckter. Denn von gedämpften Teigtaschen über frittierte Kartoffeln bis zu einem Curry, das von Senfblättern seine besondere Aromatik erhielt, konnten wir Gerichte genießen, die sich nicht verstecken brauchten, ganz im Gegenteil.
Das Prinzip „from nose to tail“ hat sich in vielen Restaurants durchgesetzt und beglückt zahlreiche Gourmets. In „Der ganze Fisch“ wird dieses Prinzip von Rind und Schwein auf Fische übertragen. Denn auch Fische haben mehr zu bieten als Filets und Fischstäbchen. Ja, dieses Buch richtet sich an ambitionierte Hobbyköche. Denn die Nutzung von Fischhaut, Gräten und Bäckchen braucht Vorbereitung und ein bisschen Geschicklichkeit. Aber wer sich heranwagt, wird mit ganz besonderen Genüssen belohnt.
Natürlich weiß jeder, der sich mit Kochen beschäftigt, wie abwechslungsreich die Gemüseküche ist. Aber es in „Die hohe Kunst der Gemüseküche“ noch einmal geballt vorgeführt zu bekommen, öffnet die Augen noch etwas weiter. Sinnvoll gegliedert von Blattgemüsen über Stängel-, Frucht- und Kohlgemüse bis zu Pilzen und Hülsenfrüchten machen wir einen ausführlichen Spaziergang durch den Gemüsegarten. Und wir werden mit Rezeptideen belohnt, die unsere Wertschätzung für die pflanzlichen Nahrungsvarianten weiter wachsen lässt. Allein das Sandwich mit gerösteten Artischocken – köstlich!
Apropos Artischocken: Ihr Hauptmerkmal; sie sind bitter. Und „bitter“ hat keine große Lobby bei uns. Im Gegenteil: Es warnt uns vor Ungenießbarem. Aber Bitterkeit hat auch lukullisches Potenzial. Das „Buch Bitter“ macht sich daran, dieses Potenzial zu erschließen. Erlebt mit Hilfe dieser Rezepte die tolle Bitternis einer Salzzitrone oder den Gaumenkitzel einer Bittergurke, die sich im Zusammenspiel mit Linsen und Kokosmilch so richtig entfaltet. „Bitter“, richtig in Szene gesetzt, eröffnet uns eine ganz neue Geschmackswelt. Wir waren begeistert.
Die Balten können es: Das Salz des Meeres einfangen. Den Geschmack des Roggens in Szene setzen. Den Hering mit Hanfsamen veredeln und vieles mehr. „Die baltische Küche“ ist eine Offenbarung für alle, die einfache nordische Zutaten in einem ganz eigenen Mantel von Aromen entdecken möchten. Ein echter Kontrapunkt zur allseits dominierenden Mittelmeerküche. Wir können nur berichten, dass auch das baltische Meer eine Küche hervorgebracht hat, die begeistert. Anders als das Mittelmeer, aber nicht minder spannend.
Und zum Abschluss noch eine Verbeugung vor einer Frucht, die im Sommer nicht fehlen darf: Die Zitrone. Gennaro Contaldo stammt von der Amalfiküste. Und mit „Limoni“ hat er der Frucht seiner Heimat ein kulinarisches Denkmal gesetzt. Mehr als 80 Rezepte lassen uns die Zitrone in all ihren Facetten erleben. Von gefüllten Zitronen über Limoncello bis zu Zitronengebäck: Keine Variante des Zitronengenusses wird ausgelassen. Und alles wir genutzt, Fruchtfleisch, Schale, Häutchen und sogar die Blätter. Mehr Zitrone als in diesem Buch geht nicht!
Soweit unsere Tipps für euren Lesesommer. Wir hoffen, dass euch der eine oder andere Buchtipp inspiriert, in diesem Sommer auch kulinarisch auf Reisen zu gehen. Entdeckt Neues für euren Gaumen oder Altes neu.